Das vorgestellte Kleidungsstück ist ein Übergewand für den Mittelaltermarkt. Genauere Datierung ist nicht notwendig, da meine Anleitung keine Museumsreplik hervorbringen soll, sondern ein angenehm zu tragendes Kleid nach euren eigenen Entwürfen. In erster Linie soll es dem Träger gefallen und eine gute Übung für Einsteiger sein, da es nicht allzu viele Nähte gibt. Ich habe es hauptsächlich für Kinder entworfen, da dort das Wörtchen „authentisch“ noch keine Rolle spielt. Aus Samt und Goldborten gefertigt ist die Anleitung somit zum Herstellen eines Gewandes des kleinen Burgfräuleins geeignet. Da die Anleitung lediglich für das Schneidern eines Übergewandes gedacht ist, braucht ihr natürlich noch ein passendes Untergewand. Schlichte weiße Kleider gibt es relativ günstig und in vielen Größen, alternativ könnt ihr das Schnittmuster des Mittelalter Basiskleides verwenden. Außerdem wächst es sehr gut mit.
Materialien:
– den Stoff eurer Wahl. Zeichnet erst das Schnittmuster, um herauszufinden, wie viel Meter ihr benötigt.
– Bei einem seitlich geschnürten Überkleid benötigt ihr zudem noch ein Band. Für beide Seiten würde ich insgesamt 5m nehmen. Das wird wahrscheinlich bei jeder Größe reichen. Der Rest lässt sich gut verbasteln.
– 5mm breites Band für die Schlaufen im Falle von geschnürten Seiten
– evtl. hübsche Borten, je nach Geschmack.
Maße nehmen
Nun kommen wir zum schwierigsten Teil der Anleitung. Durch die geringe Anzahl von Nähten ist das Nähen an sich eine schnelle Angelegenheit. Lasst euch aber vom Schnitt nicht gleich abschrecken! Zu Anfang müsst ihr euch selbst ausmessen. Beachtet bitte, dass für Vorder- und Rückseite die Maße evtl. variieren durch Oberweite etc.
a) ist die gewünschte Trägerbreite.
b) ist der Abstand der beiden inneren Trägerkanten zueinander. Seid ihr euch unsicher, könnt ihr ein Trägertop anziehen und mit dessen Hilfe nachmessen.
c) ist der gewünschte Ausschnitt. Besser erstmal kleiner, drüberziehen und anschauen
d) ist die spätere vordere Breite im oberen Teil des Kleidungsstückes. Zieht ein T-Shirt oder Trägertop an und messt nun von einer Seitennaht über die Brust bis zur anderen Seitennaht. Vorsicht! Vorne werden sich wahrscheinlich je nach Figur andere Maße ergeben als auf der Rückseite. Bei Kinderkleidern spielt das noch keine Rolle.
e) wird wieder von Seitennaht zu Seitennaht gemessen, in etwa auf Höhe eines Jeansbundes.
Es ist hilfreich, sich den Abstand von der Höhe von d) zu der Höhe von e) zu vermerken.
f) bezeichnet die gewünschte Gesamtlänge des Überkleides. Da man ein Unterkleid darunter trägt, muss es nicht bis ganz auf den Boden gehen, zieht also evtl. 5cm ab.
Zeichnen des Schnittmusters
Auf den folgenden Bildern könnt ihr erkennen, wie das Schnittmuster nach und nach entsteht. Nehm dazu ein großes Geodreieck, Lineal und Farbstifte und/oder Bleistift.
Kleiner Disclaimer: Es ist unmöglich, eine Anleitung für alle Körperformen zu erstellen. Die Maßangaben sind eher Startpunkte und können nicht garantieren, dass das Kleidungsstück auf jeden Fall passt. Im Notfall erst an Reststücken oder z.B. alten Bettlaken ausprobieren.
Addiert überall die Nahtzugabe eurer Wahl, womöglich 1 – 1,5cm!!!
Entscheidung für eine Stilrichtung und Nähen
Aus dieser Anleitung können zwei Überkleider entstehen.
– Erstens: das seitlich geschnürte Überkleid
Hier könnt ihr das Schnittmuster bereits auf den Stoff legen und es ausschneiden. Umsäumt beide Teile und schlagt die Kanten ein oder zwei Mal um, sodass man dies nicht mehr sieht. Nur die Träger werden später zusammen genäht.
Nun müsst ihr in eure Schnittmusterzeichnung lediglich von der Höhe von d) bis zur Höhe von e) eine zusätzliche Linie einzeichnen. Hier wird nun mithilfe des 5mm breiten Bandes eine Reihe von Schlaufen gelegt, durch die später geschnürt wird. Einfach in Zick-Zack, immer eine Schlaufe außen und eine Schlaufe innerhalb des Teiles, dann zur Befestigung darüber nähen. Möchtet ihr, dass Vor- und Rückseite nicht Kante an Kante liegen, sondern dass man die Schnürung im Kontrast zum weißen Unterkleid sieht (was ich empfehlen würde), so müsst ihr beim Zeichnen des Schnittmusters vom Rand rechts und links je bei Vorder- und Rückenteil 3 bis 4 cm abziehen. Der entstehende Schlitz wird dann jeweils doppelt so breit.
– Zweitens: Variante inspiriert durch sogenannte Höllenfensterkleider
Schnittmuster zeichnen. Hierbei noch nicht auf den Stoff übertragen, da noch Änderungen vorgenommen werden müssen!!!
Zuerst radiert ihr den Ärmelausschnitt und die seitliche Kante des Schnittmusters weg und ersetzt diese dann durch eine geschwungene Linie von den äußeren Trägerrändern bis zu der Höhe von e). Da dieses Kleid an den markierten Bereichen von e) abwärts an den Seiten zusammen genäht wird, solltet ihr die untere Saumweite größer machen oder Keile einsetzen, da das Laufen sonst erheblich schwerer werden könnte! Meine Mittelalterkleider kommen auf eine Saumweite von 2,5 bis 3,5 Meter.
Übertragt nun den Schnitt, schneidet ihn aus, umsäumt alles und näht die beiden Teile im eben genannten Bereich sowie an den Trägern rechts auf rechts zusammen. Alle anderen Seiten werden einfach oder doppelt umgeschlagen. Die „Höllenfenster“ an den Seiten geben den Blick auf das Untergewand frei und können z.B. mit Borten verziert werden.