Fjalladis

Cosplay & Historische Kleidung

Basis-Rock

Basis-Rock: Schnittmuster und Tipps

Da das Erstellen von Rock-Schnittmustern Nähanfängern und auch Fortgeschrittenen sehr oft Probleme bereitet, möchte ich an dieser Stelle einige Tipps sammeln.


Zuvor jedoch ein paar allgemeine Infos:

Die Gesamtlänge des Rockes ergiebt sich aus dem Abstand eurer Taille zum Boden. Dabei müsst ihr jedoch einige Dinge beachten:

— Welche Schuhe werdet ihr zu diesem Outfit tragen? Auch Schuhe ohne Absätze machen durch ihre Sohle eine Verlängerung nötig. Lediglich bei Ballerinas muss man sich keine Gedanken machen. Das bedeutet aber auch, dass man immer diesselben Schuhe zu diesem Rock tragen muss, oder zumindest welche mit gleichem oder geringfügig höherem Absatz.

— Welches Korsett werdet ihr tragen? Ein Korsett kann die Höhe der Taille verändern, sowie deren Umfang.

— Was kommt noch unter den Rock? Unterbauten oder Unterröcke müssen beim Messen und Ablängen unbedingt angezogen werden. Eine Tournüre oder Rokoko-Hüftkissen können schon einmal 20cm mehr Rocklänge erfordern.

— Gebt genug cm zu, um den Rock doppelt umzuschlagen.

Die Gesamtweite bzw. sogenannte Saumweite kann je nach Epoche variieren. Ich habe mir folgende Mittelwerte aufgeschrieben, die aber bei unterschiedlichen Figuren abweichen können:

— Rokoko Unterrock 2,2m, dieses Maß ist ein Minimum, da es zwar historisch nachweisbar ist, aber bewegungstechnisch etwas einschränkt.

— Rokoko Basisrock 3m – 4,5 m, je nach Stoffdicke.

— Empire: ca. 3m, dabon viel im hinteren Teil

— Krinolinenrock 4,5m, aber auf jeden Fall größer als der Umfang des untersten Reifens

— Tournürenrock ca. 3,5m, davon viel im hinteren Teil

— Mittelalter(kleider) 3m


Nun zu den konkreten „Schnittmustern“:

Für das gesamte 18. Jahrhundert werden die Röcke aus rechteckigen Stoffbahnen aneinander genäht. Eure Länge habt ihr bereits ausgemessen und die gewünschte Breite setzt ihr aus den erforderlichen Stoffbreiten zusammen. Das bedeutet, dass der Rock an der Taille anfangs genauso breit ist wie am Saum. Diese Mehrweite muss dann an der Taille/Bund gefaltet werden. Einreihen und Raffen würde ich nicht empfehlen, da dies enorm aufträgt. Also kommt nur Falten infrage. Besonders praktisch sind zwei Bahnen Stoff, dann lassen sich in den Seitennähten 30cm am oberen Rand offen lassen, durch die darunter liegende Taschen erreicht werden können. An diesen beiden Schlitzen wird der Rock dann mithilfe von Bändern geschlossen. Bei drei Bahnen Stoff muss man hingegen Schlitze an den Seiten einfügen, um auf die Taschen zugreifen zu können, während man die hintere Naht etwas offen lässt, um an dieser Stelle den Verschluss mit Bändern anzubringen. Dabei wird der Rock entweder seitlich zu den Taschenschlitzen gefaltet oder nach hinten, je nach Verschlussart. Einer meiner Unterröcke hat aber zum Beispiel auch nur einen seitlichen Verschluss, was ich zwar an Museumsstücken noch nicht nachweisen kann, aber sich aufgrund eines Zuschneidefehlers ergeben hat.

Im Empire habe ich eher trapezförmige Röcke vorgefunden, zum Teil mit Keilen. Im Biedermeier kenne ich mich nicht ausreichend aus, aber in der Krinolinenzeit wird es wieder etwas einfacher. Hier habe ich wieder rechteckige Bahnen gefaltet. Wird die Krinoline assymmetrisch, werden dies auch die Schnittmusterteile, sodass diese auf den Unterbau angepasst werden müssen. Das gilt auch für die Tournüre.

Folglich gilt das obige „Schnittmuster“ hauptsächlich für das Rokoko und einfache Krinolinenröcke.


Falten legen – Vorbereitungen

Da selbst in einigen kommerziellen Schnittmustern mittlerweile keine genauen Faltanweisungen mehr zu finden sind, möchte ich meine Methode etwas ausführlicher erläutern.

Ihr braucht:

  • Maßband
  • Karopapier
  • Bleistift und eventuell Farbstifte
  • Schneiderkreide
  • Stecknadeln

Nun müsst ihr euer Taillenmaß ausmessen und die Weite des Rockes kennen. Alle Bahnen sollten rund herum umsäumt sein. Entweder näht ihr vor dem Falten alle Bahnen aneinander und lasst nur eine Naht offen, um leichter falten zu können, oder ihr faltet jede Bahn einzeln und näht sie dann einander.


Erklärung der Technik:

Ich versuche, das Folgende so zu erklären, dass man es gut versteht, daher ist die Erläuterung womöglich etwas zu ausführlich. Es ist auch nicht extrem wichtig, das Ganze zu verstehen, wenn man einfach einen Wert der unteren Skalen benutzt. Für alle anderen krummen Werte funktioniert die Anleitung jedoch auch.

Bsp 1:

Nehmen wir an, euer Rock hat eine Weite von 300cm und eure Taille beträgt 60cm. Das bedeutet, dass sich durch die Rechnung 300:60=5 ergiebt, dass der Stoff 5x so breit ist wie eure Taille. Diese Rechnung könnt ihr mit euren persönlichen Werten machen. Nur die erste Stelle nach dem Komma ist wichtig, alle anderen müsst ihr nicht aufschreiben, sondern runden. In unserem Beispiel dürfen von 300cm also nur 60cm „übrig bleiben“ und die anderen 240cm müssen weggefaltet werden.

1 von 5 Teilen ist sichtbar, 4 von 5 werden weggefaltet.

1 cm von 5 cm ist sichtbar, 4 cm von 5 cm werden weggefaltet.

Das bedeutet, dass ich 4cm hinter dem 1cm verstecken muss.

Ich zeichne mir also auf meinem Karopapier eine Markierung, dann eine weitere 1cm weiter rechts und von dort aus gemessen eine weitere 4cm weiter rechts. Dann fang ich von der letzten Markierung aus an, das Ganze noch einmal zu zeichnen. Diese Abstände übertrage ich auf den Stoff und falte es so, dass nur noch die schmalen Abteile sichtbar sind.

Bsp. 2:

Möchte ich mit demselben Maß breitere Falten machen, funktioniert es genauso:

2 von 10 Teilen ist sichbar, 8 von 10 werden weggefaltet

2 cm von 10 cm ist sichtbar, 8 cm von 10 cm werden weggefaltet.

Das bedeutet, dass ich 10 cm hinter den 2 cm verstecken muss.

Ich zeichne mir also auf meinem Karopapier eine Markierung, dann eine weitere 2cm weiter rechts und von dort aus gemessen eine weitere 8cm weiter rechts. Dann fang ich von der letzten Markierung aus an, das Ganze noch einmal zu zeichnen. Diese Abstände übertrage ich auf den Stoff und falte es so, dass nur noch die schmalen Abteile sichtbar sind.

Bsp. 3:

Ich habe 450cm Stoff und eine Taille von 80cm. 450:80=5,625. Gerundet sind das 5,6. Also sind von 5,6 cm nur 1 cm sichtbar und 4,6 cm unsichtbar weggefaltet.

1 von 5,6 Teilen ist sichtbar, 4,6 von 5,6 werden weggefaltet.

1 cm von 5,6 cm ist sichtbar, 4,6 cm von 5,6 cm werden weggefaltet.

Das bedeutet, dass ich 4,6 cm hinter dem 1cm verstecken muss.

Ich zeichne mir also auf meinem Karopapier eine Markierung, dann eine weitere 1cm weiter rechts und von dort aus gemessen eine weitere 4,6cm weiter rechts. Dann fang ich von der letzten Markierung aus an, das Ganze noch einmal zu zeichnen. Diese Abstände übertrage ich auf den Stoff und falte es so, dass nur noch die schmalen Abteile sichtbar sind.

Wieder kann ich beide Werte verdoppeln oder sogar verdreifachen, um breitere Falten zu erhalten, oder beide halbieren, um schmalere zu bekommen. Es müssen aber immer beide umgerechnet werden.


Fertige Skalen:

Weniger als den dreifachen Wert würde ich bei rechteckigen Stoffbahnen nicht nehmen.

Umrechnungsfaktor 3: 1 cm von 3 cm sichtbar, also 2 wegfalten. Katopapier: 1 – 2 – 1 – 2 usw

Umrechungsfaktor 4: 1 cm von 4 cm sichtbar, also 3 wegfalten. Karopapier 1 – 3 – 1 – 3 usw.

Umrechungsfaktor 5: 1 cm von 5 cm sichtbar, also 4 wegfalten. Karopapier 1 – 4 – 1 – 4 usw.

Umrechungsfaktor 6: 1 cm von 6 cm sichtbar, also 5 wegfalten. Karopapier 1 – 5 – 1 – 5 usw.

Umrechungsfaktor 7: 1 cm von 7 cm sichtbar, also 6 wegfalten. Karopapier 1 – 6 – 1 – 6 usw.

Mehr als den siebenfachen Wert würde ich nicht nehmen, oder nur bei sehr dünnem Stoff.

Alle Kommawerte werden einfach hinter den Wegfalten-Wert geschrieben.


Tipps und weitere Schritte:

Nun werden die Falten mit Stecknadeln gesteckt und festgenäht. Achtung: Ich habe schon mehrmals das Problem gehabt, dass eine Nadel gebrochen ist, wenn die Maschinennadel exakt darauf genäht hat, daher immer knapp vorher die Nadeln rausziehen, sonst spritzen euch im schlimmsten Fall Metallteile entgegen und verletzen euch.

Der Bund sollte immer dem Stoff angemessen sein. Ein schwerer Rock braucht einen kräftigen Bund, bei feinem reicht hingegen ein Band. Gegebenenfalls kann hier mit vlieseline gearbeitet werden, diese ist aber natürlich nicht authentisch, da sie Kunstfasern enthält. An meine Rokoko-Röcke nähe ich mittlerweile nur noch ein Falzband, das die fusseligen Kanten umschließt. Meine Tournürenröcke enthalten einen breiten Bund, der aus dem Material des Rockes besteht und gegebenenfalls mit stabiler Baumwolle gedoppelt wurde.

Kauft einen Kreidepuffer zum Ablängen. Das spart eurem Helfer sehr viel Nerven. Man stellt ihn einmal auf die gewünschte Höhe ein und dreht sich, während er Kreidemarkierungen auf den Stoff macht. achtung: Testet vorher, ob sich die Kreide später wegreiben lässt.

© 2024 Fjalladis

Thema von Anders Norén