Was länge wärt, wird endlich gut – oder: die unendliche Geschichte
Ich hatte dieses Kleid sicherlich fünf Jahre im Schrank hängen, bevor ich gemerkt habe, dass ich es niemals tragen werde. Aber zuerst ein paar Worte zur Entstehung: Nachdem ich „Fackeln im Sturm“ geschaut hatte, wollte ich unbedingt eine Krinoline. Zuerst habe ich das schwarze Ballkleid gefertigt, dann ein Tageskleid aus Baumwollstoff mit Karomuster. Dieser hatte gerade einmal 2 Euro pro Meter gekostet. Aus den 8 Metern Stoff wurde daraufhin eine langärmelige Tagestaille, eine Balltaille nach dem Schnittmuster des schwarzen Ballkleides und ein Rock mit 4,5 Metern Saumumfang. (Das schwarze hatte ich auch erst sehr lange Zeit nach dem Entstehungsprozess an.)
So sah das Ganze dann vorerst aus:
Als ich das Kleid also im Garten anprobiert hatte, gefiel mir die Form des Unterbaus nicht. Der Rock sah mehr nach Brautreifrock aus als nach Krinoline. Ersteres erinnert an einen Trichter, letzteres sieht eher aus wie eine Glocke. Also habe ich nach vier Jahren einen neuen Unterbau gebaut. Nun sah das Kleid schon etwas „richtiger“ aus:
Allerdings passte die Tagestaille nicht mehr über den neuen Rock, wie man hier sehen kann:
Dann habe ich das schwarze Ballkleid, das ja sehr ähnlich ist, ein zweites Mal angezogen, nachdem ich es bereits auf einem Ball getragen hatte, und war wieder unzufrieden mit der Form. Ich fühlte mich einfach nicht nach dem, was diese Kleider symbolisierten. Unter „Allgemeines“ findet ihr meine kleine Theorie der „Natürlichen Epoche“, in der ich die Auffassung vertrete, dass man sich nur in einer bis zwei Epochen wirklich wohl fühlt, in den anderen nur kostümiert. Genau das war das Problem. Also habe ich auch nach dem Fotoshooting für das schwarze Kleid das Karokleid nie angezogen. Im letzten Versuch habe ich noch eine Rüsche an das Ballkleid genäht und ein drittes Oberteil, eine sogenannte Dinnertaille, die sich aber eher an den Stil der 1870er statt der 60er anlehnte.
Jetzt sind insgesamt fünf Jahre rum und somit auch die Gnadenfrist zu Ende. Nachdem mir die 1870er Taille so gut gefallen hat und meine alte schwarze Tournüre altersschwach geworden ist, habe ich entschieden, dass aus der Krinoline eine Tournüre werden sollte. Die vielen Umarbeitungsversuche an historischen Kleidern zeigen, dass das nicht einmal ungewöhnlich gewesen wäre. Die Oberteile kann ich behalten, den Rock habe ich hingegen aufgetrennt und die neuen Rockteile mit viel Mühe darauf gepuzzelt. Übrig geblieben sind nur ein paar Fetzen. Schaut euch nun das Ergebnis an: (Mehr Bilder gibt es auf der Karonüre Dinnerversion Seite.)
Auch die Balltaille habe ich mithilfe von Reststoff der 1862er Riding Habit etwas aufgehübscht. Als wir jedoch einen Spaziergang in Kassel machen wollten, spielte das Wetter nicht so recht mit und ich hatte Angst um den hellen Stoff am Saum. Daher habe ich ein paar Tage vorher noch schnell zwei Bänder mit Häkchen an den Rock der oben genannten Riding Habit genäht, um die Schleppe anzuheben. Als gewünschter Nebeneffekt entstand über dem Tournürenunterbau eine kleine Drapierung. Die passende Farbe hatte der Rock ja bereits gehabt und ich habe ein fast komplett neues Outfit kreiert. Mehr Bilder gibt es auf der Karonüre Ballversion Seite.