Meine Ursprungsidee war, auf ein Pferderennen in historischer Kleidung zu gehen. Dazu mussten natürlich große Hüte her und der beste Fundort ist die Jahrhundertwende. Nach dem wiederholten Schauen von „Downton Abbey“ bin ich dann in die 1910er abgedriftet. Von dieser Epoche hatte ich zugegebenermaßen noch überhaupt keine Ahnung und auch jetzt noch lese ich mich gemütlich in das Thema ein. Angefangen habe ich mit „The Cut of Women’s Clothes“ und dann die Internetcollection des „Metropolitan Museum of Art“ durchgeblättert. Ebenfalls großartige Kostüme gibt es in der Serie „Grand Hotel“ zu sehen
Hier geht es zum fertigen Outfit.
1. Inspiration
Dadurch ist diese Linksammlung entstanden, die ich gerne posten möchte, um vor Allem den Entwicklungsprozess meines Entwurfs zu zeigen, denn es wird sich wie immer noch einiges ändern.
Sybils blaues Outfit (eines von vielen) aus „Downton Abbey“ -> Mittlerweile habe ich zu Lady Marys Outfit gewechselt.
Und einen Unterrock -> siehe Anleitung
Dazu: Chemise (in etwas schlichter), Hut, evtl. auch ein Abendkleid in anderer Farbkombi als hier
2. Korsett
Da ich für diese Epoche noch gar nichts hatte, konnte ich bei Null beginnen und habe mit dem Korsett angefangen. Im Vergleich zum ausgehenden 19. Jahrhundert und den darauffolgenden straight-front-corsets sind die Korsetts um 1910 länger und sorgen für eine lange schlanke Linie. Mein Schnitt stammt wie schon so oft aus dem Buch „Stays and Corsets: Period Patterns translated for the Modern Body“, mithilfe dessen man einen Maßschnitt zeichnen kann. Er ist nicht im Buch enthalten, sondern findet sich auf der Verlagsseite. Datiert ist er auf 1915, also etwas später als meine grobe 1912-Planung. Allerdings findet sich in „Corsets and Crinolines“ ein Schnitt von 1911, der eine ähnliche Form gibt, obwohl er aus weniger Schnittteilen besteht.
Für das Probeteil habe ich Reste unseres Zeltstoffes genommen, der sehr steif ist und aus Baumwolle besteht. Dieser reichte nur sehr knapp. Er bildet die Mittelschicht und geht nur bis zur Hüfte. Außen befinden sich zwei Schichten Baumwoll-Bettwäsche in beige mit hellerem Blumenmuster. Tatsächlich gefällt mir das Ergebnis sehr gut.
Versteift ist das Ganze mit je 14 Kabelbindern pro Hälfte, die auch nur bis zum unterlegten Teil reichen. Während sich vorne eine klassische Korsettschließe befindet, schnürt es sich hinten über 34 Paar schwarze Ösen. Diese hatte ich ehrlich gesagt übrig, aber mittlerweile gefällt mir der Kontrast. Allerdings haben sie keine Scheiben und strapazieren das Band sehr.
3. Unterrock
Meine bisherigen Unterröcke sind alle für Epochen gedacht, die unten sehr weite Röcke haben. Die Mode der frühen 1900er liegt aber deutlich enger an. Daher habe ich mir einen neuen Unterrock genäht, der im Grundschnitt trapezförmig ist und daher durch eine geringere Weite an der Taille nicht so sehr aufträgt. Außerdem besitzt er unten nur eine Weite von knapp über zwei Meter. Als Material habe ich ein Bettlaken von Ikea verwendet, das neben Baumwolle einen Kunstfaseranteil besitzt. Da mein Abendkleid aber wahrscheinlich aus Polyestertaft besteht und ich mir noch nicht sicher bin, wie sehr ich mich in diese Epoche einarbeiten möchte, finde ich das durchaus in Ordnung bei einem Preis von unter 2 Euro.
Wie man diesen Rock im Detail näht, habe ich unter der Anleitungsrubrik geschrieben. Direkt zu dieser gelangt ihr über diesen Link.
Trotzdem ein paar Worte zum Entstehungsprozess: Ursprünglich wollte ich, wie bei einigen Originalen zu sehen ist, den Bund einfach raffen. Das habe ich auch ausprobiert, doch meiner Meinung nach trug das zu sehr auf. Hier ein kurzes Bild:
Daher habe ich mich lieber für eine Falttechnik mit breitem Bund entschieden:
Auch von den Biesen meines Vorbildrockes bin ich dann abgewichen, weil ich eine schöne Spitze in meinen Vorräten gefunden habe. Diese reichte sogar zwei Mal um den Saum und bildet eine schöne Zierlinie.
Alles in Allem sieht mein fertiger Rock nun so aus:
Entfernt erinnert er somit an dieses Original.
4. Überrock
Meiner Ursprungsidee zum Überrock bin ich sogar fast treu geblieben. Es sollte einer sein, der vorne eng ist und hinten dann einen minimalen Keil hat.
Geschlossen wird er hinten über einen Knopf und zwei Häkchen-Augen-Paaren. Als low-Budget Material diente ein dunkelblaues Baumwolllaken von Ikea.
Außerdem habe ich in meiner Vorratskiste noch eine Bügelapplikation gefunden.
5. Bluse
Nachdem ich mich ewig nicht für ein Design entscheiden konnte, habe ich eines Abends einfach den Stoff zugeschnitten und losgelegt.
Auf dem Oberteil sind etwa 5 Meter Spitze vernäht. Darunter liegt auch die vordere Öffnung verborgen. Die Ärmel sind kurz und vermitteln den Eindruck, dass sie hochgekrempelt wurden.
Alle Materialien hatte ich noch auf Vorrat, z.B. den sehr dünnen weißer Baumwollstoff, der gerade so gereicht hat.
6. Bluseneinsatz
Um etwas mehr Auswahl zu haben, wurde aus ein paar Stoffresten ein Bluseneinsatz mit Biesen. Dieser ist nicht einmal taillenlang und daher auch gut für wärmeres Wetter geeignet.
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Jacke
Aus den Reststücken meines Rockes habe ich eine Jacke gefertigt. Sie besitzt vorne eine Art Stecker, auf dem fertige Stickereien aufgenäht wurden.
Danach habe ich diese mit ein paar Wachsperlen besetzt.
Die Ärmel sind nur etwa ellenbogenlang und gehen dann in einen Spitzenteil über.
Der passende Gürtel greift dieses Motiv aus. Er fällt sehr breit aus, um die typische Form der Epoche aufzugreifen.
8. Hut
Zu einem edwardischen Outfit gehört meist auch ein kunstvoller Hut.